Praxis:Nah 04/2025 – Einblick in gelingende Senior:innenarbeit
Das Generationennetz steht Ihnen im Alter zur Seite! Es berät Sie in allen Angelegenheiten, die das Älterwerden in Gelsenkirchen betreffen, fördert bürgerschaftliches Engagement sowie Selbstorganisation und sorgt für Netzwerke im Stadtteil.
– N.N., zur Verfügung gestellt vom Generationennetz Gelsenkirchen e.V. 2025
Entstehung und Entwicklung

Bereits 2009 entsteht das Generationennetz Gelsenkirchen aus städtischer Initiative zunächst unter dem Namen „Seniorennetz“. Seither werden in diesem Rahmen trägerneutral sowohl gesamtstädtisch als auch quartiersbezogen spezielle Themen, Chancen und Herausforderungen rund um das Thema Alter(n) bearbeitet. 2013 organisiert sich die Initiative als Verein und wird als „Generationennetz Gelsenkirchen e.V.“ zur tragenden Säule der Senior:innenarbeit in der geschichtsreichen Großstadt im Ruhrgebiet, die kürzlich erst als siebte deutsche Stadt in das Netzwerk „Altersfreundliche Städte und Gemeinden“ (Age-Friendly City) der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen wurde.
Das Generationennetz bringt heute nahezu alle Akteur:innen im Bereich des Alter(n)s in Gelsenkirchen (Stadtverwaltung, Wohlfahrtsverbände, Unternehmen der Senioren- und Wohnungswirtschaft, Krankenhäuser, Religionsgemeinschaften etc.) zusammen und schafft ein Akteur:innennetzwerk, in dem Ressourcen gebündelt und Doppelstrukturen vermieden werden. So verfolgen die Akteur:innen gemeinsam das Ziel, unterstützende Strukturen für ältere Menschen aufzubauen, sodass sie an der Stadtgesellschaft teilhaben und bis an ihr Lebensende möglichst selbstständig und selbstbestimmt leben können. Ältere Menschen werden hier jedoch nicht lediglich als Zielgruppe und Angebotsempfänger:innen betrachtet, sondern als aktiver Teil in der Senior:innenarbeit. Sie bringen als Expert:innen in eigener Sache ihre Perspektiven und wertvolles Erfahrungswissen ein.
Dementsprechend folgt die Arbeit des Generationennetzes den drei Leitgedanken:
Partizipation (Empowerment): Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen, Abbau von Vorurteilen, öffentliche Wertschätzung
Generationensolidarität: Gemeinsames Wirken von Jung und Alt, wechselseitiger Einsatz nach jeweiligen Stärken
Barrierefreiheit: Öffentlichen Raum für alle nutzbar machen
Angebote, Ergebnisse und Wirkung

Diese Leitgedanken werden in einem breiten Angebot des Generationennetzes umgesetzt. Die fünf stadtteilspezifischen Infocenter (Mitte, Nord, Ost, Süd und West) setzen v.a. auf niedrigschwellige Informationen, Beratung und Unterstützung für ältere Menschen und interessierte Bürger:innen. Sie bilden wohnortnahe und kostenlose Anlaufstellen für (ältere) Bürger:innen, die Fragen und Anliegen in Bereichen der Sozialraumgestaltung und Quartiersentwicklung, des bürgerschaftlichen Engagements und weiteren Angeboten zur Freizeitgestaltung haben. Um die Heterogenität von Alter(n)sverläufen im Angebot berücksichtigen zu können, braucht es v.a. Netzwerkmanagement durch engagiertes hauptamtliches Fachpersonal, die Kooperationen sowie regelmäßigen Austausch mit Netzwerkakteur:innen und ehrenamtlich Engagierten koordinieren. Dies erfolgt unter anderem durch die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Mitgliederversammlung des Generationennetzes oder den niedrigschwelligen Quartierskonferenzen.
Ein weiteres Augenmerk des Generationennetzes Gelsenkirchen liegt in der Förderung von Engagement vor Ort. Die Schaffung von dezentralisierten und verlässlichen Ermöglichungsstrukturen wirkt dabei fördernd auf die Selbstwirksamkeit der ehrenamtlich Engagierten. Erprobte Konzepte oder Aktionen können zudem leichter von einem in den nächsten Stadtteil übertragen werden. Dazu zählt z.B. das „Kaffeekränzchen auf dem Friedhof“, das an Orten der Trauer und Erinnerung alltagsnahen Zugang zu Vergemeinschaftung schafft.
Dadurch konnten erfolgreiche und partizipativ entstandene Angebote für Engagierte, wie die Nachbarschaftsstifter:innen, Technikbotschafter:innen, Spaziergangspat:innen und Rikscha-Pilot:innen in diversen Stadtteilen fest etabliert werden. Engagierte wirken dabei als Lots:innen, Multiplikator:innen und Umsetzer:innen von aktivierenden Angeboten im Quartier, wodurch neue Anreize für selbstorganisierte Gruppen wie die Netzwerkgruppen 55+ oder die Projektwerkstatt 55+ geschaffen werden.
Gelingensfaktoren
Zentrale Faktoren, die zum Gelingen der Arbeit des Generationennetzes geführt haben, beziehen sich v.a. auf die gesamtstädtische (finanzielle) Unterstützung. Die gemeinsame Vision einer altersfreundlichen Stadt und ein verbindlicher Handlungsrahmen
(Masterplan Gut älter werden in Gelsenkirchen 2035) bilden dabei die ideelle Grundlage für eine vernetzende und nachhaltige Arbeitsweise im Stadtteil, auf gesamtstädtischer Ebene und mit verschiedenen Verwaltungsbereichen (z.B. kommunale Gesundheits- oder Sozialplanung und Stadtentwicklung). Die Vernetzung und Ressourcenvielfalt der Akteur:innen bündelt fachspezifisches Know-How, stellt Räume zur Verfügung und steigert ehrenamtliches Potenzial durch vielfältige Zugangskanäle und bessere Erreichbarkeit diverser Zielgruppen.
Erfahrungen und Empfehlungen
Eine frühzeitige Partizipation von Bürger:innen an Planungs- und Umsetzungsprozessen trägt wesentlich zur größeren Teilnahme von Angeboten bei. Indem Menschen frühzeitig eingebunden werden, entsteht ein stärkeres Gefühl der Mitgestaltung und Mitverantwortung. Gleichzeitig eröffnet dieser partizipative Ansatz die Möglichkeit, unterschiedliche Handlungsebenen miteinander zu verknüpfen und themenübergreifend zu agieren – etwa durch die Kombination von Hitzeschutzmaßnahmen mit der Quartiersentwicklung. Um dabei auch spezifische Bevölkerungsgruppen zu erreichen, ist die Zusammenarbeit mit Multiplikator:innen im Stadtteil unerlässlich. Sie fungieren als wichtige Vermittler:innen und schaffen Zugänge, die auf direktem Weg oft nicht möglich wären.
Kriterien für gelungene Praxis – Zugang, Durchführung und Transfer
Wie die Angebote und Leistungen im Wirkungsbereich der Arbeit mit und für ältere Menschen in Deutschland erweisen sich auch die Kriterien für gelungene Praxis als vielfältig. Sowohl für bereits langjährig tätige Akteur:innen als auch Neueinsteiger:innen haben Köster et al. (2008) in diesem Sinne 12 Qualitätsziele (QZ) formuliert, eingebettet in die drei Qualitätszieldimensionen: Zugangs-, Durchführungs- und Transferqualität, die Akteur:innen in ihrer Arbeit eine Orientierung bieten.
Im Rahmen des Zugangs fragen die zugehörigen QZ nach der Ausarbeitung einer zielgruppenspezifischen und gegenüber Lebenslagen sensiblen Ansprachestrategie für ein Angebot oder eine Leistung von Akteur:innen. In der Dimension Durchführung werden anschließend Fragen nach Selbstbestimmung und Mehrwert für Angebotswahrnehmende und dessen nachhaltige Sicherung gestellt. Im Transfer geht es dann darum, Gelerntes aus der Anwendungsfähigkeit und -praxis sowie den Nutzen zu reflektieren.
Die einzelnen Qualitätsziele dienen dabei als Instrumente, um das individuelle Leitbild der Akteur:innen zu sichern. Aus diesem Grund gilt auch nicht „Je mehr, desto besser“. Qualitätsziele dienen dazu, eine Stimmigkeit und Begründetheit der Angebote und Leistungen mit dem Leitbild der Akteur:innen prozessual (wieder-)herzustellen. Akteur:innen stellen sich im Rahmen der Qualitätsziele also Relfexionsfragen, was für ihr jeweiliges Angebot oder ihre Leistung vor dem Hintergrund des Leitbildes Sinn ergibt und möglich ist.
Zugangsqualität
- Die Vielfalt des Alter(n)s wird in der Ansprachestrategie differenziert berücksichtigt
- Milieu- und geschlechtsspezifische Unterschiede werden berücksichtigt
- Individuelle Bedürfnis-, Interessen- und Ressourcenorientierung an den Engagierten
- Es besteht eine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Themen, Ideen und Konzepten
- Transparenz, Sichtbarkeit und Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Feld
Durchführungsqualität
- Ein verlässlicher Etablierungsrahmen besteht
- Diversifizierte Expertisen und Kompetenzen kommen zusammen
- Qualifizierungsmöglichkeiten und Gewinn individueller Mehrwerte werden ermöglicht
- Lernherausforderungen sowie biographie- und beziehungsorientierte Persönlichkeitsentwicklung werden ermöglicht
- Kontakt- und Gemeinschaftsförderung sowie -etablierung werden gefördert
- Prozesse und Strukturen erfolgen partizipativ (Informations-, Mitwirkungs- und Mitentscheidungsstrukturen)
Transferqualität
- Ermöglichungsstrukturen für freiwilliges Engagement und Multiplikation bestehen
- Kompetenz- und ressourcenorientierte Selbstorganisation wird gefördert (Maßnahmen und Projekte, ggf. über Projektrahmen hinaus)
- Kontakt und weitere Informationen
Frau Britta Bertermann
(Geschäftsführung)
Telefon: 0209 169-9854
E-Mail: britta.bertermann@gelsenkirchen.de
Web: https://generationennetz-ge.de/