Schildesche – ein starkes Stück Quartier in Bielefeld

Praxis:Nah 05/2025 – Einblick in gelingende Senior:innenarbeit

Quartiersprojekte ermöglichen – unter Berücksichtigung der individuellen Lebenswelten – soziale Teilhabe, Selbstwirksamkeit und Partizipation.


-N.N., zur Verfügung gestellt durch den AWO Kreisverband Bielefeld e.V.

Die Quartiersarbeit in Schildesche wird seit 2014 durch den AWO Kreisverband Bielefeld e.V. und engen Kooperationspartner:innen, wie der Bielefelder Gesellschaft für Wohnen und Immobilienleistungen mbH (kurz BGW) und dem Bürgerforum Schildesche umgesetzt. Ziel ist es seither, das Zusammenleben im Quartier zu stärken, insbesondere durch die Förderung von Teilhabe, Partizipation und gemeinsamer Verantwortungsübernahme. Hierbei steht das Agieren in informellen und formellen Netzwerken im Vordergrund, um so eine ressourcenschonende und partizipative Quartiersgestaltung zu ermöglichen. 

Aus der Quartiersarbeit in Schildesche sind mit der Zeit vielfältige Angebote und Netzwerke entstanden, wie das Bürgerforum Schildesche und das Forum „Zukunft im Klimawandel“ als informelle Netzwerke. Der runde Tisch Schildesche und der Arbeitskreis „Attraktives Quartier“ fungieren ergänzend dazu als formelle Netzwerke.  

Das Bürgerforum Schildesche bietet den Engagierten seit 2017 einen Rahmen, um sich aktiv an der Gestaltung ihres Quartiers zu beteiligen. Hier entsteht Raum für kontinuierlichen Austausch und ein kooperatives, konzeptionelles Arbeiten. Zudem wird der nachbarschaftliche Zusammenhalt gestärkt – soziale Kontakte können geknüpft und gefördert werden. Darüber hinaus setzt sich das Bürgerforum gemeinschaftlich für die Belange der Menschen im Quartier ein. Gesellschaftliche Veränderungen werden hier in den Blick genommen und ausgehend von den unterschiedlichen Netzwerken „bearbeitet“.  

Konkret werden soziale Teilhabe und Begegnung im Quartier auch durch eine bunte Mischung aus Bewegungs- und Mobilitätsangeboten, digitalen Erfahrungsorten und KI-Erlebnissen, Kreativ- und Literaturtreffs, gemeinsames Singen und Tanzen sowie Kuchen- und Mittagstischangebote gefördert. Projekte wie „Ort der guten Ideen“ (eine Plauderbank), die im teilöffentlichen Raum stattfinden, bieten dabei niedrigschwellige Vergemeinschaftungsangebote. Dies ist nur möglich, da Engagierte im Quartier eine weitreichende Partizipation erfahren und in ihrer Selbstorganisation gestärkt werden. Der unmittelbare Lebensweltbezug der Aktivitäten ist dabei ein wichtiger Bestandteil für die Arbeit im Quartier.  

Nach dem Motto: „Hand in Hand – Haupt- und Ehrenamt“ spielt auch die trägerübergreifende und intersektionale Vernetzung und Kooperation mit weiteren Akteur:innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Dienstleistung sowie Engagierten aus der Gegend eine große Rolle. Der runde Tisch Schildesche dient dabei dem formellen Austausch der sozialen Akteure. Nach Bedarf werden zudem thematisch fokussierte Arbeitskreise ins Leben gerufen, z.B. zum Thema Nachhaltigkeit oder Demenz. Neben der Vernetzung und aktiven Initiierung von Ermöglichungsstrukturen vor Ort, finden Interessierte hier zudem wohn- und lebensortnahe Bildungs- und Beratungsangebote, wie die allgemeine Sozialberatung, weiterführende Vermittlung an Fachdienste, Pflegeberatung oder auch niedrigschwellige Informationsveranstaltungen wie die Veranstaltungsreihe „Meine Umwelt & Ich – Gesund und sicher im Alltag“. 

Ermöglicht wird das Projekt maßgeblich durch seine umfangreichen Ressourcen, wie die fünfundsiebzigprozentige Personalstelle im Quartiersmanagement, die durch die Stadt Bielefeld und die BGW finanziert wird. Zudem bietet die gemeinsame Strategie des Bielefelder Modells eine Handlungsorientierung für alle gestaltenden Akteur:innen. Darin werden Quartiere als Anknüpfungspunkt und räumliche Ressource verstanden, die quartiersorientierte, selbstbestimmte Versorgung der darin lebenden Menschen ermöglichen kann.  

Durch die langjährige Erfahrung und die kontinuierliche Anpassung des ganzheitlich inspirierten Sozialraumkonzeptes ergeben sich einige Faktoren, die maßgeblich zum Gelingen des Projekts beigetragen haben. Dazu gehören: 

  • Vertrauensvolle und kontinuierliche Kooperation und Netzwerkarbeit,
  • Soziale Innovation: konsequente Netzwerkorientierung zur Förderung der Sorgenden Gemeinschaft,
  • Hand – in Hand von Haupt- und Ehrenamt,
  • Vielfältige und niedrigschwellige Begegnungs- und Kommunikationsmöglichkeiten
  • Ortsnahe und barrierefreie Anlaufstellen im Quartier,
  • Erweiterung der Zugänge zu Menschen durch Nutzung des (teil-)öffentlichen Raumes,
  • Impulsgeber:innen im Quartier, die Zugänge zu zurückgezogenen Menschen eröffnen und
  • Förderung von Selbstwirksamkeit und Selbstorganisation der Engagierten im Quartier,

            Konkret wird empfohlen, von Beginn an die Verstetigung der geplanten Angebote mitzudenken, diese aktiv zu verfolgen und schließlich auch zu initiieren. Dafür sind weitreichende Kenntnisse des Sozialraumes, die Offenheit für neue Ideen und Konzepte sowie das Interesse an den Menschen und ihren Bedürfnissen im Quartier handlungsleitend. Soziale Netzwerke sind hier nicht nur farbgebend, sondern konstitutiv, um das Vertrauen und die Initiative der Akteur:innen zu gewinnen, zu fördern und zu sichern. 

            Kriterien für gelungene Praxis – Zugang, Durchführung und Transfer

            Eigene Darstellung nach Vorlage (Köster et al. 2008).

            Wie die Angebote und Leistungen im Wirkungsbereich der Arbeit mit und für ältere Menschen in Deutschland erweisen sich auch die Kriterien für gelungene Praxis als vielfältig. Sowohl für bereits langjährig tätige Akteur:innen als auch Neueinsteiger:innen haben Köster et al. (2008) in diesem Sinne 12 Qualitätsziele (QZ) formuliert, eingebettet in die drei Qualitätszieldimensionen: Zugangs-, Durchführungs- und Transferqualität, die Akteur:innen in ihrer Arbeit eine Orientierung bieten.

            Im Rahmen des Zugangs fragen die zugehörigen QZ nach der Ausarbeitung einer zielgruppenspezifischen und gegenüber Lebenslagen sensiblen Ansprachestrategie für ein Angebot oder eine Leistung von Akteur:innen. In der Dimension Durchführung werden anschließend Fragen nach Selbstbestimmung und Mehrwert für Angebotswahrnehmende und dessen nachhaltige Sicherung gestellt. Im Transfer geht es dann darum, Gelerntes aus der Anwendungsfähigkeit und -praxis sowie den Nutzen zu reflektieren.

            Die einzelnen Qualitätsziele dienen dabei als Instrumente, um das individuelle Leitbild der Akteur:innen zu sichern. Aus diesem Grund gilt auch nicht „Je mehr, desto besser“. Qualitätsziele dienen dazu, eine Stimmigkeit und Begründetheit der Angebote und Leistungen mit dem Leitbild der Akteur:innen prozessual (wieder-)herzustellen. Akteur:innen stellen sich im Rahmen der Qualitätsziele also Relfexionsfragen, was für ihr jeweiliges Angebot oder ihre Leistung vor dem Hintergrund des Leitbildes Sinn ergibt und möglich ist.

            Zugangsqualität

            • Milieu- und geschlechtsspezifische Unterschiede werden berücksichtigt 
            • Individuelle Bedürfnis-, Interessen- und Ressourcenorientierung an den Engagierten 
            • Es besteht eine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Themen, Ideen und Konzepten 
            • Transparenz, Sichtbarkeit und Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Feld 

            Durchführungsqualität

            • Ein verlässlicher Etablierungsrahmen besteht 
            • Diversifizierte Expertisen und Kompetenzen kommen zusammen 
            • Kontakt- und Gemeinschaftsförderung sowie -etablierung werden gefördert 
            • Prozesse und Strukturen erfolgen partizipativ (Informations-, Mitwirkungs- und Mitentscheidungsstrukturen) 

            Transferqualität

            • Ermöglichungsstrukturen für freiwilliges Engagement und Multiplikation bestehen
            • Kompetenz- und ressourcenorientierte Selbstorganisation wird gefördert (Maßnahmen und Projekte, ggf. über Projektrahmen hinaus)
            • Kontakt und weitere Informationen

            AWO Kreisverband Bielefeld e.V.
            Fachbereichsleitung Quartier und Begegnung
            Sonja Heckmann
            Mercatorstraße 10
            33602 Bielefeld
            E-Mail: s.heckmann@awo-bielefeld.de
            Mobil: 0152-59423130
            Web: Quartier Schildesche – AWO Kreisverband Bielefeld e.V.

            Literaturhinweise

            Köster, D., Schramek, R. & S. Dorn, 2008: Qualitätsziele moderner SeniorInnenarbeit und Altersbildung. Oberhausen: ATHENA.

            Letzte Aktualisierung: 18. August 2025

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