Praxis:Nah 03/2025 – Einblick in gelingende Senior:innenarbeit

Im Jahre 1983 wird der gemeinnützige Verein „Freie Alten- und Nachbarschaftshilfe Aachen“ – kurz fauna e.V. – gegründet. Bis heute hat er sich in ein ganzheitlich orientiertes Angebot für ältere Menschen entwickelt. Dies umfasst ambulante Pflege, Tagespflege und ambulant betreute Demenz-WG’s, Angebote sozialer Teilhabe durch Schulung und Beratung sowie lebensnahe Freizeitangebote für ältere Menschen. Mit dem Leitbild, dass der Mensch das Recht hat, in seinem Alter, seiner Krankheit und insbesondere seiner psychischen Veränderung angenommen, respektiert und unterstützt zu werden, entsteht 1986 unter dem Dach der fauna e.V. die erste Tagespflege in Aachen. Es folgt ein Demenzprojekt in den Jahren 2003-2006, das die Initiator:innen zur Gründung zweier Demenz-WG’s im Jahre 2007 führt. Zehn Jahre später folgt die feste Etablierung des Nachbarschaftstreffs Panneschopp im gleichnamigen Stadtteil als barrierefreier Treffpunkt für Bewohner:innen der WG’s und des ganzen Viertels. Ein Ort der Begegnung, des Austauschs, der Teilhabe und professioneller Beratung mit festen wöchentlichen Veranstaltungen in unmittelbarer Angrenzung an das Quartiersbüro der fauna e.V. konnte damit geschaffen werden.
Offene Gemeinschaft stiften

Kochen, essen und lesen
Im Rahmen des Projekts „Teilhabe für alle“, das seit fünf Jahren wöchentlich zu gemeinsamen Aktivitäten einlädt, kommen ca. 20 Teilnehmende aus der Umgebung zu verschiedenen, jedoch meist kulinarischen Aktivitäten unter der ehrenamtlichen Leitung von Senior:innen zusammen. Die große Heterogenität der Gruppe durch unterschiedliche Grade körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung birgt dabei Herausforderungen. Deshalb werden die ehrenamtlichen Leiter:innen regelmäßig durch Schulungen fortgebildet, sensibilisiert und von den hauptamtlichen Mitarbeitenden beraten.

Bewegung und Sport
Seit letztem Jahr beherbergt die fauna e.V. ein regelmäßiges und offenes Sportangebot für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen im geschützten Raum des Nachbarschaftstreffs. Alle zwei Wochen können Interessierte zusammenkommen – ganz ohne Zwang oder Druck. Ziel ist die Erhaltung der Mobilität und Alltagskompetenzen sowie die Schaffung kognitiver Anreize.

Tiergestützte Begegnung
Die Pädagogik-Begleithündin Malou besucht regelmäßig die Demenz-WG’s und den Nachbarschaftstreff der fauna e.V.
Sie wirkt wie ein Eisbrecher für Gespräche und persönliche Begegnung und schafft dadurch ein niedrigschwelliges Angebot für Beziehungsaufbau. Ziel ist es, körperliche, emotionale und kognitive Funktionen zu fördern und zu erhalten sowie eine positive Wirkung auf das individuelle Wohlbefinden hervorzurufen. Ganz konkret gestaltet sich dies durch das Begrüßungsritual mit Malou. Die Hündin setzt sich zu den Teilnehmenden und wirkt als Gesprächseröffnerin zu einer Vielzahl an Themen.
Tragende Gelingensfaktoren
Die langjährige Erfahrung mit dem ganzheitlich orientierten Ansatz in der Arbeit mit Menschen mit und ohne Demenz und psychischen Veränderungen bildet das Fundament der Arbeit der fauna e.V. Dabei haben sich folgende Faktoren als besonders wichtig für den Erfolg ihrer Arbeit erwiesen:
- Gute Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Viertel.
- Stetige Offenheit für Neues – für jede Zielgruppe muss ein individuell passender Zugang gefunden werden (z.B. erreichen hybride Angebote mehr Menschen; Es braucht unterschiedliche Ansprachestrategien für Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte).
- Bedarfe abfragen – Ehrenamtlich Engagierte initiieren ihre Ideen zu neuen Projekten und werden dabei von den hauptamtlichen Mitarbeitenden begleitet.
- Nutzung eines zentralen und barrierefreien Raumes für vielfältige Quartiersprojekte und Sichtbarkeit im Quartier.
- Kombination von Pflege mit quartiersbezogenen Projekten, um „Pflege“ ins Quartier hinein zu öffnen.
Kriterien für gelungene Praxis – Zugang, Durchführung und Transfer
Wie die Angebote und Leistungen im Wirkungsbereich der Arbeit mit und für ältere Menschen in Deutschland erweisen sich auch die Kriterien für gelungene Praxis als vielfältig. Sowohl für bereits langjährig tätige Akteur:innen als auch Neueinsteiger:innen haben Köster et al. (2008) in diesem Sinne 12 Qualitätsziele (QZ) formuliert, eingebettet in die drei Qualitätszieldimensionen: Zugangs-, Durchführungs- und Transferqualität, die Akteur:innen in ihrer Arbeit eine Orientierung bieten.
Im Rahmen des Zugangs fragen die zugehörigen QZ nach der Ausarbeitung einer zielgruppenspezifischen und gegenüber Lebenslagen sensiblen Ansprachestrategie für ein Angebot oder eine Leistung von Akteur:innen. In der Dimension Durchführung werden anschließend Fragen nach Selbstbestimmung und Mehrwert für Angebotswahrnehmende und dessen nachhaltige Sicherung gestellt. Im Transfer geht es dann darum, Gelerntes aus der Anwendungsfähigkeit und -praxis sowie den Nutzen zu reflektieren.
Die einzelnen Qualitätsziele dienen dabei als Instrumente, um das individuelle Leitbild der Akteur:innen zu sichern. Aus diesem Grund gilt auch nicht „Je mehr, desto besser“. Qualitätsziele dienen dazu, eine Stimmigkeit und Begründetheit der Angebote und Leistungen mit dem Leitbild der Akteur:innen prozessual (wieder-)herzustellen. Akteur:innen stellen sich im Rahmen der Qualitätsziele also Relfexionsfragen, was für ihr jeweiliges Angebot oder ihre Leistung vor dem Hintergrund des Leitbildes Sinn ergibt und möglich ist.
Zugangsqualität
- Die Vielfalt des Alter(n)s wird in der Ansprachestrategie differenziert betrachtet
- Milieu- und geschlechtsspezifische Unterschiede werden berücksichtigt
- Individuelle Bedürfnis-, Interessen- und Ressourcenorientierung an den Engagierten
- Transparenz, Sichtbarkeit und Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Feld
Durchführungsqualität
- Ein verlässlicher Etablierungsrahmen besteht
- Diversifizierte Expertisen und Kompetenzen kommen zusammen
- Qualifizierungsmöglichkeiten und Gewinn individueller Mehrwerte werden ermöglicht
- Lernherausforderungen und biographie- und beziehungsorientierte Persönlichkeitsentwicklung werden ermöglicht
- Kontakt- und Gemeinschaftsförderung und -etablierung werden gefördert
- Prozesse und Strukturen erfolgen partizipativ (Informations-, Mitwirkungs- und Mitentscheidungsstrukturen)
Transferqualität
- Ermöglichungsstrukturen für freiwilliges Engagement und Multiplikation bestehen
- Kompetenz- und ressourcenorientierte Selbstorganisation wird gefördert (Maßnahmen und Projekte, ggf. über Projektrahmen hinaus)
- Kontakt und weitere Informationen
Freie Alten- und Nachbarschaftshilfe Aachen (fauna) e.V.
Irene Krebs (1. Vorsitzende Vorstand)
E-Mail: irene.krebs@fauna-aachen.de
Andrea Kratz (Nachbarschaftstreff Panneschopp)
E-Mail: andrea.kratz@fauna-aachen.de
Tel.: 0241- 510 530-0
Allgemeine E-Mail: fauna@fauna-aachen.de
Web: https://www.fauna-aachen.de
Instagram: @fauna_ac
Facebook: Fauna e.V.
Literaturhinweise
Köster, D., Schramek, R. & S. Dorn, 2008: Qualitätsziele moderner SeniorInnenarbeit und Altersbildung. Oberhausen: ATHENA.