Praxis:Nah 06/2025 – Einblick in gelingende Senior:innenarbeit
Zuhören ist die Eintrittspforte für ein besseres Miteinander, Toleranz und Vertrauensbildung – und die Superkraft für unsere Demokratie
-N.N., zur Verfügung gestellt von ZUHÖREN.DRAUSSEN.
ZUHÖREN.DRAUSSEN. bringt als bundesweit aktive, zivilgesellschaftliche Initiative Menschen im öffentlichen Raum durch aktives und empathisches Zuhören zusammen – unabhängig von Herkunft, Alter, Religion oder politischer Zugehörigkeit. Die Idee zu ZUHÖREN.DRAUSSEN. entstand durch die Initiatorin Christine von Fragstein in der Isolation der Pandemie und ihrem Bedürfnis danach, etwas für die Gemeinschaft zu tun und wird 2021 schließlich als gemeinnützige Organisation mit Sitz in Düsseldorf von ihr ins Leben gerufen. An zentralen Orten wie Zuhör.Bänken, in Zuhör.Räumen in Bibliotheken oder bei Zuhör.Aktionen schaffen geschulte Ehrenamtliche Begegnungen auf Augenhöhe, schenken Zeit und ein offenes Ohr. Ziel der Initiative ist es, Einsamkeit und soziale Spaltung zu überwinden, Dialogkultur zu stärken und den demokratischen Zusammenhalt zu fördern.
Mittlerweile ist ZUHÖREN.DRAUSSEN. in zwölf Städten aktiv, arbeitet mit über 250 Ehrenamtlichen zusammen und bietet ein mit der International Listening Association (ILA) abgestimmtes Schulungsprogramm an. Erfolge verzeichnet die Initiative bereits in diesem Jahr, indem Zuhör.Räume als besonders erfolgreiches Format mehrfach ausgezeichnet werden – unter anderem mit dem Zukunftsgestalter:innen-Preis 2025 des De Gruyter Verlages. Mit dem ILA-Qualitätssiegel wurde die Initiative in diesem Jahr schließlich auch als erste Zuhör-Initiative weltweit anerkannt.
Faktoren, die zum Gelingen der Initiative und ihrer Arbeit beitragen, beziehen sich v.a. auf den niedrigschwelligen Zugang für alle Menschen im öffentlichen Raum, qualifizierte und kontinuierliche Schulung der Ehrenamtlichen, Kooperationen mit Kommunen, Bibliotheken, Initiativen und Vereinen sowie sichtbare und einladende Formate wie Bänke, Räume und größere Aktionen. Eine konsequente Haltung der Ehrenamtlichen, die Vertraulichkeit, Zugewandtheit, Nicht-Kommerzialität und Nicht-Konfessionalität garantiert, sowie proaktive Öffentlichkeitsarbeit und Rückkopplung an Politik und Zivilgesellschaft erweisen sich als weitere zentrale Gelingensfaktoren.
Ehrenamtliche sind dabei zentrale Akteur:innen der Initiative – sie organisieren lokale Angebote, führen Zuhör.Termine im öffentlichen Raum durch und gewinnen neue Engagierte. Städte-Koordinator:innen und Ehrenamtsmanager:innen unterstützen dabei die Umsetzung vor Ort, während ein fachlicher Beirat strategisch berät. Die Vorbereitung der Engagierten umfasst Online-Einführungsseminare, Selbst-Checks, eine erste Kontaktaufnahme und Kooperationsvereinbarung. In der Durchführung werden Zuhör.Termine angeboten, Ehrenamtliche gewonnen und geschult sowie lokale Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Die Nachbereitung beinhaltet kontinuierliche Reflexion in Intervision und Stammtischen, Evaluation der Termine und Rückmeldungen an Politik und Zivilgesellschaft. Erfahrungen aus der Praxis zeigen zudem, dass Ehrenamtliche als zentrale Kontaktpersonen, Multiplikator:innen und Lots:innen wirken, die Begegnungen ermöglichen, neue Netzwerke schaffen und niedrigschwellige Beteiligung fördern. Es erweist sich demnach bereits als wertvoll, einfach und mit wenigen Ressourcen zu starten – selbst kleine Formate schaffen bereits bedeutsame Begegnungen. Sichtbarkeit im öffentlichen Raum ist hier entscheidend für Wirkung und Reichweite, während langfristiger Erfolg von kontinuierlicher Begleitung und Qualifizierung der Ehrenamtlichen abhängt.
Lokale Partner:innen sichern dabei die Verankerung und Akzeptanz, sodass das Konzept sich bereits mit überschaubaren Ressourcen in anderen Städten übertragen lässt.
Kriterien für gelungene Praxis – Zugang, Durchführung und Transfer
Wie die Angebote und Leistungen im Wirkungsbereich der Arbeit mit und für ältere Menschen in Deutschland erweisen sich auch die Kriterien für gelungene Praxis als vielfältig. Sowohl für bereits langjährig tätige Akteur:innen als auch Neueinsteiger:innen haben Köster und Kolleg:innen (2008) in diesem Sinne 12 Qualitätsziele (QZ) formuliert, eingebettet in die drei Qualitätszieldimensionen: Zugangs-, Durchführungs- und Transferqualität, die Akteur:innen in ihrer Arbeit eine Orientierung bieten.
Im Rahmen des Zugangs fragen die zugehörigen QZ nach der Ausarbeitung einer zielgruppenspezifischen und gegenüber Lebenslagen sensiblen Ansprachestrategie für ein Angebot oder eine Leistung von Akteur:innen. In der Dimension Durchführung werden anschließend Fragen nach Selbstbestimmung und Mehrwert für Angebotswahrnehmende und dessen nachhaltige Sicherung gestellt. Im Transfer geht es dann darum, Gelerntes aus der Anwendungsfähigkeit und -praxis sowie den Nutzen zu reflektieren.
Die einzelnen Qualitätsziele dienen dabei als Instrumente, um das individuelle Leitbild der Akteur:innen zu sichern. Aus diesem Grund gilt auch nicht „Je mehr, desto besser“. Qualitätsziele dienen dazu, eine Stimmigkeit und Begründetheit der Angebote und Leistungen mit dem Leitbild der Akteur:innen prozessual (wieder-)herzustellen. Akteur:innen stellen sich im Rahmen der Qualitätsziele also Relfexionsfragen, was für ihr jeweiliges Angebot oder ihre Leistung vor dem Hintergrund des Leitbildes Sinn ergibt und möglich ist.
Zugangsqualität
- Die Vielfalt des Alter(n)s wird in der Ansprachestrategie differenziert betrachtet
- Milieu- und geschlechtsspezifische Unterschiede werden berücksichtigt
- Konzeptionelle, thematische und ideelle Offenheit wird in den Fokus genommen
- Individuelle Bedürfnis-, Interessen- und Ressourcenorientierung an den Engagierten
- Transparenz, Sichtbarkeit und Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Feld
Durchführungsqualität
- Ein verlässlicher Etablierungsrahmen besteht
- Diversifizierte Expertisen und Kompetenzen kommen zusammen
- Qualifizierungsmöglichkeiten und Gewinn individueller Mehrwerte werden ermöglicht
- Kontakt- und Gemeinschaftsförderung sowie -etablierung werden gefördert
Transferqualität
- Ermöglichungsstrukturen für freiwilliges Engagement und Multiplikation bestehen
- Förderung von selbstorganisierten Maßnahmen/Projekten (Empowerment)
Kontakt und weitere Informationen
ZUHÖREN.DRAUSSEN
Dialog.Kultur.Dialog gUG
Auf der Böck 50
40221 Düsseldorf
Telefon: 0211 / 994 3311
Mobil: 0151 / 118 603 4
E-Mail: team@zuhoeren-draussen.de
Web: www.zuhoeren-draussen.de
Literaturhinweise
Köster, D., Schramek, R. & S. Dorn, 2008: Qualitätsziele moderner SeniorInnenarbeit und Altersbildung. Oberhausen: ATHENA.
Letzte Aktualisierung: 26. August 2025