In Jena fand am 18. und 19. September die Sektionstagung der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) zum Thema „Altern über die Lebensspanne“ statt. Die Tagung bot ein vielfältiges Programm mit wissenschaftlichen Vorträgen und Diskussionsrunden zu aktuellen Themen der Alternsforschung und Praxis. Für das Forum Seniorenarbeit NRW waren insbesondere drei Themenstränge von hoher Relevanz: die aufsuchende Altenarbeit, die Lebenssituation hochaltriger Personen sowie das Thema Einsamkeit.
Einsamkeit im Alter – ein interdisziplinäres Thema
Das Symposium zum Thema Einsamkeit griff zwei konkrete Aspekte des Phänomens Einsamkeit auf. Eine Erkenntnis ist, dass insbesondere im hohen Alter das Risiko größer ist, einsam zu bleiben, wenn man sich bereits einsam fühlt – das unterstreicht, dass es für Interventionen gegen Einsamkeit eine ganzheitliche Strategie braucht und die Prävention von Einsamkeit zentral bei der Adressierung dieses gesellschaftlichen Phänomens ist. Ein zweiter Beitrag beleuchtete die Zusammenhänge von Einsamkeit und kognitiven Beeinträchtigungen bei älteren Menschen. Der kognitive Status einer hochaltrigen Person zeigte Zusammenhänge mit der Wahrscheinlichkeit für Einsamkeitsgefühle – Menschen mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung fühlten sich häufiger einsam als Menschen mit keiner oder nur leichter kognitiver Beeinträchtigung.
Hier ergeben sich klare Schnittstellen zum Forum Seniorenarbeit NRW, das auf die Förderung von Teilhabe und Partizipation älterer Menschen abzielt und Prävention einen wichtigen Stellenwert einräumt.
Aufsuchende Altenarbeit – Zugänge und Herausforderungen
Das Symposium zur aufsuchenden Altenarbeit zeigte eindrücklich, dass diese Ansätze bislang schwer erreichbare Personengruppen einbeziehen können und vor allem auch Menschen in ländlichen Gebieten erreichen. Diskutiert wurden Erfahrungen aus kommunalen Modellprojekten in der Schweiz, in denen niedrigschwellige Beratung und Begleitung in den Lebenswelten älterer Menschen erprobt werden. Im Fokus steht dabei häufig die Beziehungs- und Vertrauensarbeit, um älteren Menschen Unterstützungs- und Hilfestrukturen aufzuzeigen.
Für die Praxis des Forum Seniorenarbeit NRW waren hier Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung lokaler Unterstützungsstrukturen und die wichtige Rolle aufsuchender Ansätze für Prävention erkennbar.
Lebenssituation hochaltriger Menschen – Ergebnisse der D80+ Studie und des DEAS
Besonderes Augenmerk lag auf den aktuellen Daten zur Lebenssituation der über 80-Jährigen in Deutschland. Die Studie „Hohes Alter in Deutschland (D80+)“ zeigt eindrucksvoll die Heterogenität dieser Bevölkerungsgruppe: Der Datensatz bietet beispielsweise für die Gruppe älterer Migrant:innen Möglichkeiten für verschiedene Analysen, für die bislang wenig systematische Daten vorliegen. Bei abnehmenden individuellen Ressourcen nimmt die Bedeutung der Umwelt und sozialen Ressourcen zu. So zeigte eine Untersuchung mit den D80+ Daten von Personen, die 95 Jahre und älter waren, dass deren soziale Ressourcen die Anpassungsfähigkeit förderten. Ergänzend dazu zeigten die Befunde aus dem Deutschen Alterssurvey (DEAS), dass bei Personen ab 77 Jahren eine kompensatorische Wirkung von sozialen Kontakten und Aktivitäten nachweisbar ist.
Für die Arbeit des Forum Seniorenarbeit NRW unterstreicht dies die Bedeutung einer differenzierten Zielgruppenorientierung und den Blick auf die Vielfalt hochaltriger Menschen.
Fazit und Bezug zum Forum Seniorenarbeit NRW
Die Tagung hat verdeutlicht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiswissen enger zusammengeführt werden müssen, um der Vielfalt und Komplexität des Alter(n)s gerecht zu werden. Die diskutierten Themen spiegeln zentrale Handlungsfelder des Forum Seniorenarbeit NRW wider: die Erreichbarkeit vulnerabler Zielgruppen, die differenzierte Betrachtung hochaltriger Lebenslagen sowie der Umgang mit Einsamkeit. Die Tagung bot wertvolle Impulse, um die Verknüpfung von Forschung, Praxis und Politikgestaltung zu stärken.
Entstehung und Entwicklung der Fachgesellschaft
Die Wurzeln der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie liegen bereits im Jahre 1938, in dem zunächst die Deutsche Gesellschaft für Altersforschung (später: Deutsche Gesellschaft für Alternsforschung) von Max Bürger (Internist) in Leipzig gegründet wurde. Zunächst behandelte die Vereinigung aus Geriatern ausschließlich medizinische Themen. Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden in Ost- und Westdeutschland getrennte Entwicklungslinien: In der DDR führte Werner Ries ab 1966 die Gesellschaft für Alternsforschung ein, die 1977 zur Gesellschaft für Gerontologie umbenannt wurde. In der Bundesrepublik entstand 1966 in Nürnberg zunächst die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie (DGG), die sich von Beginn an interdisziplinär öffnete. Nach der Wiedervereinigung schlossen sich beide Gesellschaften 1991 zur heutigen Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) zusammen und führten die Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie ein, die seither wissenschaftliche Artikel rund um das Thema Alter(n) veröffentlich. Heute ist die DGGG eine zentrale Plattform für interdisziplinäre Alter(n)sforschung in Deutschland.
Weitere Informationen zur Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V. finden Sie hier:
https://www.dggg-online.de/
Letzte Aktualisierung: 25. September 2025